Das Fagus-Werk in Alfeld wurde am 25.Juni 2011 als lebendes Denkmal zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Das Hauptgebäude vom Architekten Walter Gropius ist in seiner Klarheit und Gradlinigkeit ein beeindruckendes Bauwerk, das im Industriebau Richtlinien setzte. Ich selbst bin zwar eher ein Bewunderer der Gotik, die bei Kirchenbauten erst Erhabenheit schafft, aber es muß eben alles seinem Zweck entsprechen und das schafft der Gropiusbau hervorragend. Die Grundidee mit Stützen und vorgehängter Fassade findet sich wieder in vielen modernen Wolkenkratzern.
Es ist schon fast eine Bildungslücke, wenn man dieses Werk noch nicht gesehen hat. Deshalb beschlossen wir, die Altersabteilung der FF-Duingen, diese Lücke zu schließen und am 25.03.2013 eine Besichtigung durchzuführen.
Um 14Uhr waren wir mit 15 Personen angemeldet und wurden bezeichnenderweise von Herrn Brandt, stellv.Kreisbrandmeister Holzminden und Angestellter bei Fagus, sachkundig geführt.
Das unfreundlich kalte Wetter ließ zwar Gemütlichkeit nicht aufkommen, lehrreich war der Besuch aber allemal. Wir konnten uns davon überzeugen, dass es tatsächlich ein lebendes Denkmal ist und die Schuhleisten- Urformherstellung beobachten. Nach diesen Urformen werden dann aus Kunststoff-Rohlingen auf Kopiermaschinen exakte Kopien als Arbeitsformen erstellt, auf die man dann in anderen Fabriken als "Schuhleisten", also Fußmodelle, das Leder für die Schuhherstellung zieht. Bei dieser Art der Fertigung ist es logisch, dass es wegen der Formen und Größen des Schuhwerks tausende von Schuhleisten geben muß.
In der benachbarten Fagus-Gropius-Ausstellung konnten wir uns u.a. über die Baugeschichte, Massivholzverarbeitung, Schuhleisten, 100Jahre Schuhmode und über die Menschen bei Fagus informieren. Beeindruckend und gleichzeitig irritierend ist die bauliche Gestaltung des Ausstellungsgebäudes, das als Holztrocknungshaus konzipiert ist und in dem man wegen der durchlässigen Decken im obersten Stockwerk hören kann, wenn sich unten Leute unterhalten.
Die Damen waren eher an der Entwicklung der Schuhmode interessiert, ich selbst fand eine fast 100 Jahre alte Kopiermaschine sehr beeindruckend.
Die eingefügten Fotos zeigen nur die Reisegruppe und das Hauptgebäude. Im Inneren bei der Fertigung wurde nicht fotografiert.
Zum Schluß hatten wir in der Fagus-Kantine eine Kaffeetafel bestellt, bei der heißer Kaffee und Biel`s Platenkuchen die Lebensgeister wieder weckte.
Dies soll kein Roman werden, aber einige gedankliche Ausflüge will ich noch anfügen.
Die Herstellung der Schuhleisten aus Holz erinnert sehr an andere Modelltischlereien, von denen Alfeld einige hatte. Dort wurden zwar keine Modelle von Körperteilen, wohl aber für Werkstücke wie Zahnräder, Hebel, Getriebeteile hergestellt. Bei AE gab es eine solche Tischlerei. Wenn man Modellbau Funke und Denecke in Brunkensen dazurechnet und bei Künkel, FCH in Delligsen und Pleißner in Elze eine solche Abteilung annimmt, kann man sicher sein, dass diese Modellbauer sich gegenseitig beeinflußt haben. Die Häufung in unserer Gegend ist verblüffend. Wo lag wohl die Urzelle? Etwa bei Fagus? Alfelder Geschichtsforscher werden das genauer wissen.
Eine weitere Entwicklung ist vergleichbar. Herr Brandt erwähnte die bei Fagus entwickelten Funkenlöschanlagen, die man für die Überwachung der Staubfördersysteme benötigt. Wenn es diese Systeme früher schon gegeben hätte, wären bei WINI in Duingen einige Brände, an die wir uns erinnern, nicht entstanden. Abgesehen davon hat oder hatte Alfeld weitere Anbieter von Funkenlöschanlagen, die auch überregional lieferten und deren Entstehen bestimmt irgendwie mit Fagus zusammenhängt.
Wir wünschen weiteren Besuchern vergleichbare oder andere Endeckungen im Weltkulturerbe Faguswerk.