Ein Kapitel der Fleckensgeschichte
Seit die Menschen sich Unterkünfte bauen, müssen sie sich mit der Abwehr und Bekämpfung von Schadenfeuern befassen. Die Geschichtsschreibung be- richtet von Bränden katastrophalen Ausmaßes, die ganze Städte verwüsteten.
Aus der engeren Heimat ist überliefert, dass im Mittelalter und auch später verheerende Großbrände u. a. in Gronau, Elze und Wallensen gewütet haben. Duingen ist offenbar von solchen Katastrophen verschont geblieben. Es gibt jedenfalls keine Anhaltspunkte für größere Brandschäden. Im Dreißigjährigen Kriege lagen zwar zehn Höfe „wüste", man weiß aber nicht, ob sie niedergebrannt oder verfallen waren.
Das ist eigentlich verwunderlich, denn 1782 gab es in Duingen 45 Töpfereien. Damit hatte fast jedes zweite Haus einen Brennofen für Steingut. Aus diesen niedrigen Töpferöfen konnten beim Brennen der Tonwaren meterlange Flammen herausschlagen. Die Gefährdung der meist strohgedeckten Fachwerkhäuser war enorm. Dass trotzdem große Schäden nicht eingetreten sind, mag außer dem Glück der Wachsamkeit und Geschicklichkeit der Duinger Bürger bei der Brandbekämpfung zuzurechnen sein.
In früheren Zeiten hatte der Brand eines Gebäudes meistens die Verarmung des Eigentümers zur Folge, weil es keinen Versicherungsschutz gab. Erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde im Fürstentum Calenberg, zu dem auch Duingen gehörte, ein Hilfsfond für Feuerschäden, die so genannte „Brand-Assecurations-Societaet" ins Leben gerufen. Ihr mussten alle Orte des Fürstentums angehören. Alle Häuser einer Ortschaft wurden zunächst mit einer Hausnummer versehen, listenmäßig erfasst und dabei nach ihrem Wert geschätzt. Die Nummerierung der Häuser erfolgte nach dem Besitzstande. Sie begann bei den Großbauern und wurde über die kleineren Bauern, Pächter und Nebenerwerbsstellen fortgeführt. In Duingen waren 117 Häuser und neun Scheunen vorhanden mit einem Gesamt-Taxwert von 10 275 Talern. Die Prämie richtete sich nach den jährlich im Fürstentum aufgetretenen Schäden und betrug für Duingen im Jahre 1752 erstmalig fünf Taler, 35 Groschen und vier Pfennige.
Da es im Interesse der „Brand-As-securations-Societaet" lag, Brände schnell und erfolgreich zu bekämpfen, wurde die Allgemeinheit angehalten, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Man spricht seitdem von einem gelenkten Feuer- löschwesen, das sich aus bescheidenen Anfängen zum heutigen Stand moderner Brandbekämpfung mit zahlreichen technischen Hilfsmitteln entwickelt hat.
Welche Hilfsmittel zur Brandbekämpfung vorhanden waren, ist nicht schriftlich festgehalten. Die erste Aufzeichnung darüber stammt aus dem Jahre 1759 und besagt, dass auf Befehl der „Hohen Obrigkeit" 14 Handspritzen beschafft werden mussten, die den heute noch bekannten „Kübelspritzen" vergleichbar waren. Ob diese Geräte jemals eingesetzt wurden, ist nicht mehr festzustellen.
Vom Jahre 1761 an sind im Inventarium der Gemeinde Feuerlöschgeräte aufgeführt, und zwar zwei große Feuerleitern, zwei große Feuerhaken und 27 lederne Eimer. Dieser Bestand blieb nahezu 100 Jahre fast gleich. So sind im Register der Jahre 1808/09 noch zwei Feuerleitern, zwei Feuerhaken und 32 lederne Eimer aufgeführt. In dieses Register fügte der damalige Bürgermeister Hullersen den Absatz ein:
„Eine Feuerspritze ist nicht vorhanden weil sie an Mangel des Wassers nicht brauchbar werden würde, sondern wenn Feuer entsteht, zu einer geschwinden Dämpfung Anstalt gemacht wird, worinnen die hiesigen Einwohner sich immer geschickt und tätig gezeigt haben."
Diese Eintragung enthält an sich ein großes Lob für die Duinger Bürger, deren Eifer und Schnelligkeit scheinbar bessere Geräte als lederne Eimer entbehrlich machten. Tatsächlich muss sie aber wohl als Entschuldigung für mangelhafte Wasserversorgung und fehlende Ausrüstung der Obrigkeit gegenüber angesehen werden. Aus welchem Grund sollte wohl sonst diese Eintragung überhaupt erfolgt sein?
Erst ein halbes Jahrhundert später befasste man sich mit dem Gedanken. eine große handbediente Feuerspritze anzuschaffen. Sie wurde am 29. August 1853 bei dem Fabrikanten Schneppe aus Hildesheim bestellt. Zur Anschaffung dieser Spritze, die 660 Taler kosten sollte, sagte die Landdrostei Hannover einen Zuschuss von 500 Talern zu. Vom Hersteller wurde garantiert, dass 18 bis 20 Mann 475 Liter Wasser die Minute mit einem Druck von 30 Meter Wassersäule fördern könnten. Sie war mit einer Kolbenpumpe ausgerüstet. (Die heute verwendeten Tragkraftspritzen mit Kreiselpumpe fördern 800 Vmin. bei 80 Meter WS.) Zur sachgemäßen Bedienung der neuen Spritze wurden ein Spritzenmeister, zwei Rohrführer und ein Schlauch- bewahrer gewählt, vereidigt und eingesetzt. Als „Gehalt" erhielt jeder der Männer einen Taler jährlich. Außerdem wurden bei Löscharbeiten 25 Pfennige je Stunde bezahlt. Die genannten Leute, sowie die aus 40 Männern bestehende „Druckmannschaft" hatten bei Ernstfällen Anspruch auf „Erquickungen" wie Brot, Schmalz und Schnaps.
Von der Druckmannschaft arbeitete die Hälfte an der Spritze, die andere Hälfte stellte die Ablösung für Zweischichten-betrieb dar. Zu diesem Dienst wurden reihum alle männlichen Einwohner durch Zustellen von Holzschildern durch den Ratsdiener verpflichtet. Ebenso verfuhr man mit den Pferdebesitzern, die die Zugtiere zu stellen hatten.
Im Ernstfalle und bei Übungen hatten die Leute zu erscheinen, die im Besitz der Schilder waren. Fehlen oder zu spät kommen war mit Strafen von einer Mark bzw. 50 Pfennigen belegt, bei 25 Pfennigen Stundenlohn (siehe oben) eine hübsche Summe.
Die schon erwähnte Beihilfe von 500 Talern zu der Spritze wurde unter der Bedingung gezahlt, dass die Wasserversorgung verbessert werden müsse. Es wurden deshalb die drei heute noch vorhandenen Löschwasserbrunnen — damals Feuerteiche genannt — am Alten Teichsweg, am Tie und an der Eck- hardtstraße angelegt. Sie haben eine Tiefe von ca. sechs Meter und einen Durchmesser von ca. 4 Meter und sind auch jetzt noch wichtige Wasser-entnahmestellen, weil die von dem Wasserleitungsnetz gelieferte Wassermenge oft nicht ausreicht.
Bereits im Jahre 1860 funktionierte die große Spritze nicht mehr. Nach einem Gutachten musste sie umgebaut werden. Während des Umbaues war eine Ersatzspritze vorhanden.
Spritzenmeister, Rohrführer und Schlauch-bewahrer trugen anfänglich zu ihrer Zivilkleidung nur besondere Filzhüte, die Kopf und Hals vor Verletzungen schützen sollten. Im Jahre 1889 wurden sie besser ausgerüstet. Sie erhielten lange, weiße Röcke mit Messingknöpfen und roten Schulterstücken. Die Röcke waren wasserabweisend und feuerhemmend. Außerdem bestand die persönliche Ausrüstung aus messingbeschlagenen Lederhelmen, Leibgurten, Seilen und Äxten.
Feuerschutz und Brandbekämpfung wurden nicht nur in Duingen, sondern überall im Land durch Feuerwehren in der vorstehend geschilderten Art durchgeführt. Die Wehren hatten nur sehr kleine Kernmannschaften, die übrigen Männer wurden zum Dienst verpflichtet.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts jedoch trat eine andere Version in den Vordergrund, die Freiwillige Feuerwehr. Ob den Bürgern der Zwang des Dienstes nicht mehr gefiel oder ob die Organisationen in der alten Art die Brandschäden nicht mehr zufriedenstellend verhindern konnten, ist nicht genau bekannt. Jedenfalls taten sich in vielen Orten verantwortungsbewusste Bürger zusammen und gründeten Feuerwehren auf freiwilliger Basis. Damit war gewährleistet, daß nur solche Männer den Brandschutz und die Bekämpfung von Schadenfeuern übernahmen, die mit Lust und Liebe bei der Sache waren. Das erhöht die Schlagkraft einer Mannschaft ungemein. So hat sich auch diese Form bis heute erhalten. Sie ist in Orten, die keine hauptberuflichen Feuerwehr-männer bezahlen können, die einzig akzeptabele Lösung des Brandschutzproblemes.
Sollten sich einmal nicht mehr genügend Männer melden, die den Dienst in der Feuerwehr freiwillig übernehmen wollen, wäre das ein echter Rück-schritt. Da nämlich die Gemeinde für den Feuerschutz verantwortlich ist, müssten von ihr wieder Feuerwehrmänner durch Dienstverpflichtung eingesetzt werden. In der Zeit also, in der in vielen Orten Freiwillige Feuerwehren ins Leben gerufen wurden, festigte sich auch in Duingen die Absicht, eine solche Vereinigung zu gründen.
Im Jahre 1886 gaben mehrere Duinger Bürger ihre Unterschrift zur Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr.
Umgesetzt wurde das Vorhaben dann am 10. April1911.
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